Besinnungslos

Ich habe das große Los gezogen…ich nenne es das Besinnungslos. Obwohl ich tagsüber in der Apotheke zusammen mit meinen Kolleginnen von dem Ansturm der Impfdigitalisierungen und dem Andrang an unserer Teststelle zerrieben werde, natürlich parallel zum normalen vorweihnachtlichen Apothekenbetrieb, gewinne ich gerade sehr viel Zeit für mich, die ich zur Besinnung nutzen kann. Der Chor hat die Proben eingestellt, unser Familienfest am kommenden Wochenende haben wir abgesagt, die Weihnachtsfeier der Apotheke und ein Freundestreffen wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.

Was macht man mit so viel Zeit? Wie gesagt, ich kann sie zur Besinnung nutzen. Nicht auf Religiöses, gestehe ich, obwohl ja gerade das mir als gebürtigen Münsterländer, Coesfelder gar, in die Gene eingebrannt ist. DU BIST KATHOLISCH steht dort geschrieben, trotz doppelter Impfung die einzige Genmanipulation, die mir bisher widerfahren ist. Aber auch Münsterländer können halsstarrige Geschöpfe sein und sich althergebrachtem widersetzen. Mit meinem Katholizismus ist es nicht weit her, bin deswegen aber noch lange nicht besinnungslos. Sich zu besinnen fordert Zeit, und man muss es zulassen. Das können kurze Momente oder lange Stunden sein, ich habe beides schon erlebt. Stille und Kerzenschein jetzt im Advent tun bei mir vielleicht ein übriges, und dann beginnen Worte, Bilder, Gedanken und Gefühle vorbei zu huschen, zu verweilen, zu erstarren oder zu verblassen. Weniger philosophisches Geschwurbel, eher Handfestes. Dankbarkeit für die Solidarität unser beider Familien, für Freundschaft, für ein Lächeln auf dem Weg zur Arbeit und die Gänseblümchen, die unerschütterlich bei noch so koddrigem Wetter blühen. Aber auch Gesichter, denen ich gelegentlich zu gerne einen fäustlichen Stempel aufdrücken möchte, weil sie das Röcheln der Erstickenden nicht hören wollen, tauchen auf. Ich tu es nicht, keine Angst, aber auch die Wut darf ihren Raum beanspruchen, dann aber bitte die Fresse halten. Sie behindert mich auf die Besinnung dessen, was ich hatte und was ich habe. Und das ist so unendlich viel!

Besinnliche Grüße an Euch alle!

Martin

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