aus 2018, Lesedauer 45 Minuten
1. Kapitel
Eine Wespe, summend vor Erregung, zog unsichtbare Linien über das Fensterglas, eine nach der anderen, immer von unten nach oben. Halb fliegend, halb laufend, versuchte sie, in’s Freie zu gelangen, nicht begreifend, dass durchsichtig nicht gleichbedeutend mit durchlässig ist. Seit einer halben Stunde beobachtete er das Insekt. Der Pfleger hatte das Fenster gekippt und seinen Einwand, nun, im September, flöge doch alles mögliche, vor allem aber Wespen, in die Räume, und er habe keine Lust, gestochen zu werden, beiseite gewischt. „Opa,“ hatte er gesagt, „hier stinkt’s! Wir müssen auch mal lüften! Außerdem stechen sie nur, wenn man nach ihnen schlägt. Willst du eine Wespe schlagen? Du kannst ja froh sein, wenn du den Arm noch hoch kriegst. Von anderen Sachen mal ganz abgesehen…hahaha!“ Prustend verließ er das Zimmer, seine Schritte verhallten schließlich zusammen mit seinen kaum unterdrückten Lachanfällen auf dem langen Flur.
‚Arschloch’, dachte er. ‚Respektloses Arschloch, wenn ich könnte…’ und gleich darauf ‚ach, was solls‘. Er war kein Gewaltmensch, auch früher nicht, als er jung und gesund war, und seine Souveränität und Gelassenheit hatten ihn auch in kritischen Situationen während seiner Show nie verlassen, wenn er seinen Kandidaten hartnäckig auf den Zahn gefühlt hatte.
Die Wespe holte ihn aus seinen Erinnerungen. Der Klang ihres Fluges hatte sich verändert. Sie kreiste zwei mal durch sein Zimmer, überflog seine Bettdecke und ließ sich auf dem Hörer des Telefons nieder, das links neben ihm auf dem Nachtschränkchen stand. Es war ein altertümliches Modell aus ligustergrünem Kunststoff mit Wählscheibe, auf dessen Anschluß er bestanden hatte, obwohl ihm natürlich die Vorteile eines Smartphones bekannt waren. Er hatte beschlossen, in diesem Punkt stur zu sein, schließlich bezahlte er viel Geld für Unterkunft und Pflege und konnte erwarten, dass ihm seine Wünsche weitestgehend erfüllt würden. Das Internet war ihm egal, und fotografiert hatte er auch früher nicht, also reichte ein einfaches Telefon. Punktum!
Er schaute finster auf das Telefon. Noch nie hatte ihn jemand in der bekannten Pflegeanstalt ‚Himmelspforten’ bei Bielefeld angerufen. Seit fast fünf Jahren sammelte sich Tag für Tag Staub auf dem Gerät. Einmal in der Woche wurde es flüchtig abgewischt, in den Wahllöchern klebte er jedoch millimeterdick. Er rief nicht an, wen sollte er auch anrufen? Alle, die er einst kannte, waren tot oder dement. Was sollte er mit ihnen besprechen? Seinen Stuhlgang? Wie wunderbar und schön die Zeiten einst waren? Dass der Hintern der Oberschwester immer dicker würde? Er verzichtete auf solche Gespräche.
Er erwartete, dass man ihn anrief. So wie früher. Veranstalter, Fernsehmacher, Produzenten, das ganze Geschmeiß der Showbranche, schöne Frauen, Stars, die jeder kannte, so wie ihn jeder kannte, und Sternchen, die keiner kannte und und deshalb der Meinung waren, sich nach oben vögeln zu müssen. Er hatte ihnen gerne auf diesem Weg geholfen.Die Wespe hatte sich in der Zwischenzeit auf einem Stück Pflaumenkuchen niedergelassen, welches auf einem Tellerchen neben dem Telefon stand, und das er noch nicht angerührt hatte. Sie saß mitten auf der fruchtig-süßen Masse, ihre Mundwerkzeuge kauten eifrig, während ihr Hinterleib rhythmisch pumpte. Vielleicht hatte sie vorher eine Fliege gefangen, die zuvor Kuhscheisse gefressen hatte, dachte er. Er würde auf den Kuchen verzichten. Wenn er jetzt zum Hörer greifen würde, stäche sie ihn vielleicht, dachte er, obwohl er ihr doch nichts Böses wollte. Müde ruhte sein Blick auf dem Insekt. Die frühabendlichen Sonnenstrahlen schlängelten sich durch das Geäst der Bäume, die den Wandelgarten säumten, und tanzten auf seiner Bettdecke. Die Augen fielen ihm zu.
2. Kapitel
Die Vorbereitungen für die große Show, diesmal in der Gruga-Halle in Essen, liefen auf Hochtouren, wieder einmal arbeitete sein Team wie ein Uhrwerk. Bernd Stein, sein langjähriger Tourmanager, hatte alles im Griff, packte selbst mit an, wenn nötig, rastete aber auch komplett aus, wenn jemand sich blöd anstellte, und hatte nicht erst einmal einen Techniker oder einen Assisten achtkantig gefeuert, da reichte schon ein nichtiger Anlass. Mit anderen Worten: alle hatten höllischen Respekt vor ihm. Sein bester Mann, ohne Zeifel.
Er betrat die Bühne, die heute abend seine Welt sein würde, und er wäre der Mittelpunkt dieser Welt, die Sonne, um die sich alles drehen würde. Er grinste kurz bei dem Gedanken an dieses Bild, dann drehte er sich zur Großbildleinwand um und wurde seiner selbst gewahr, beziehungsweise seines übergroßen Abbildes. ER, Markus Jürgens, oder der Schöne Markus, wie man ihn auch nannte, prangte dort hoch über ihm. ‚Schade, man sieht sich nur von hinten’, dachte er, hob aber doch die Hand wie zum Gruß. Ja, die Bewegung war sicher, souverän und wohl dosiert, er würde sie anstacheln, alles aus ihnen heraus kitzeln, aus allen. Die Zuschauer im Saal und jene vor den Bildschirmen würden ihm zu Füßen liegen, die Musiker und die Technik würden wieder alles und noch mehr geben und die Kritiker würden sich mit ihren Lobeshymnen gegenseitig überbieten. Besonders die Senioren liebten ihn über alles, er holte die Stars von früher, erloschene Sterne und erkaltete Kometen, noch einmal zurück in’s Rampenlicht, vergessene Heroen, ergraut, senil und verstummt, noch einmal hell aufflackernd, bevor sie endgültig in der Versenkung verschwanden. Jochen Vonderems war vor zwei Monaten auf der Bühne gestorben, hochdramatisch und super inszeniert, wenn es nicht ein glücklicher Zufall gewesen wäre. Die ganze Nation hatte gebannt zugeschaut, als der Dicke, wie man ihn auch nannte, seinen letzten Witz riss, kein schlechter übrigens, hätte er nur nicht vor lauter Verwirrtheit die Pointe verrissen, sich dann plötzlich an die Brust griff, röchelnd die Augen verdrehte und filmreif zu Boden sank. Die folgende Aufregung im Saal und auf der Bühne, die hektischen Bemühungen der Ersthelfer, das ernste und würdevolle Kopfschütteln des natürlich zu spät eintreffenden Notarztes und schließlich die Aufbahrung, alles war perfekt im Timing. Während das schneeweiße Leichentuch langsam, Zentimeter für Zentimeter, über den massigen Körper des Verblichenen gezogen wurde und zum Schluß das blau angelaufene, bärtige Gesicht verhüllte, fand die Band die passenden Abschlußakkorde, dramatisch anschwellend, sich überschlagend, mit einem Donnerschlag endend. Das machte den ‚Bone Collectors’ so schnell keiner nach, dachte er.
Heute Abend würden ‚Bläcky und Roy’ auftreten, die singenden Illusionisten, und Ina Meyer, die früher einmal wirklich attraktive Unterhaltungskünstlerin. Jahrelang hatte sie illustre Gäste in ihrer Show ‚Ina’s Abend’ life präsentiert, bis ihrem Gast Dieter Balken, einem bekannten Poptitanen, das Maleur mit der Durchfallattacke passierte und sie, ihrer Spontanität gemäß, Attacke auf Kacke reimte und in wieherndes Gelächter ausbrach. Dieter Balken war nicht der Mann, der mit wieherndem Gelächter souverän umgehen konnte, vor allem, wenn es ihm und seiner vollgeschissenen Hose galt. Er lies seine große Macht spielen, sprach am folgenden Tag in sauberer Hose mit dem Programmdirektor über einige sehr schmutzige und pikante Details aus dessen Sexualleben, die die Öffentlichkeit und vor allem seine Gemahlin sicherlich brennend interessieren würden, er aber bereit sei, für sich zu behalten, und am nächsten Tag war ‚Ina’s Abend’ abgesetzt, und zwar für immer.Ein Schulterklopfen riss ihn aus seinen Gedanken. „Wir haben die Nummer“, frohlockte Bernd, „war sauschwer rauszukriegen!“ Markus Jürgens begriff nicht, und sein Gesicht schien das deutlich auszudrücken. „Mann, die Nummer von dem alten Knacker! Diesem Supershowmaster, als wir klein waren, hattest du doch selber, die Idee! Wie heißt er nochmal…Rudi…äh…Rudi Koralle!“ „Chapeau, Alter! Wo steckt der Typ denn?“ „Seniorenheim in Bielefeld mit echt programmatischem Namen, heißt ‚Himmelspforten’, hoffentlich hält er bis heut’ abend noch durch, hehe“. „Ja hoffentlich, der war früher ’ne echte Nummer. Wenn wir dem sein Lebensgeheimnis entreissen, toppt das alles, was wir bisher so hatten!“ Ja, darin war er gut. Er hatte noch jedem seiner senilen Opfer, die er life während der⁰ Show anrief, kleine und große Geheimnisse entlocken können, oft kurz bevor sie ihre Schnabeltasse abgaben. So manche Seite der Geschichtsbücher hatte aufgrund seines Gespürs schon umgeschrieben werden müssen. Die Show konnte beginnen.
3. Kapitel
„Herr Koralle! Hallo, ich bin’s!“ Der Delfin sprach mit hoher Stimme zu ihm, während er mit leichten Bewegungen seiner Fluke an ihm vorbei glitt. Sie schwebten nebeneinander durch das unendliche Blau, die Wellen hoch über ihnen formten das Sonnenlicht auf sanfte Weise, so dass es spielerisch auf ihren Leibern tanzte. Die Augen des Delfins strahlten freudig und intelligent, als er Rudi mit dem ewig lächelnden Schnabel vorsichtig an der Schulter berührte. „Herr Koralle, wie geht’s ihnen?“ Durch die Stille des Ozeans drangen Geräusche an sein Ohr, das Rauschen von Blättern, das Summen eines Insektes, das Klappern eines Teewagens. Das unendliche Blau entwischte seinen Sinnen wie ein Aal einer greifenden Hand und wurde durch ein vertrautes Eierschalenbeige ersetzt. Der Delfin lächelte ihn an, über ihm die Zimmerdecke, deren letzter Anstrich noch vor der Währungsumstellung erfolgt sein musste, wobei Rudi sich nicht festlegen wollte, ob diese das Ende der D-Mark oder das der Reichsmark eingeläutet hatte.
Der Delfin, dessen Schnabel mittlerweile zu einer wohlgeformten Nase mutiert war, welche im Gesicht einer ausgesprochen hübschen jungen Frau stak, berührte ihn wieder sanft an der Schulter, dieses mal mit der rechten Hand. „Sie haben geschlafen, Herr Koralle, ganz tief und fest. Elena hat in der Zwischenzeit ihr Zimmer inspiziert, und Sie haben nichts davon mitbekommen!“ „Ah, Delphine, sie sind’s. Ich habe von ihnen geträumt.“ Sie lachte hell, stand auf und räumte die Reste des Kuchens auf ein Tablett. Rudi beobachtete sie dabei und erfreute sich ihrer Anmut, ihrer dunklen Haut und ihrer Perlschnurfrisur. Sie stammte aus Ghana, war in Bielefeld aufgewachsen und seiner Meinung nach die beste Altenpflegerin der Welt, gleich gefolgt von Elena, der Mutter der Station. Beide hatten keine Ahnung davon, dass er früher ein Star war, dem die Welt zu Füßen lag, sie respektierten ihn als Mensch, und er respektierte sie.
Das Klappern des Teewagens ging in ein kurzes Raddeldaddel über, als er von Elena über die Türschwelle geschoben wurde. „Abendessen! Gutten Abend, Cherrr Korralle! Chaben gutt geschlafen? Cheute abend kucken Show? Wirr alle kucken Show!“ Delphine wich höflich etwas zurück, um dem breiten Teewagen und der noch breiteren Elena den Zugang zum Nachtschränkchen zu ermöglichen, ging um das Bett herum und half Rudi vorsichtig, sich aufzurichten und auf die Bettkante zu setzen. So nahm er seine Mahlzeiten am liebsten ein. Er war gebrechlich, aber sitzen ging noch ganz gut. Selbst kurze Wege mit dem Rollator gelangen ihm noch, ganz langsam zwar, aber er hatte Zeit, ganz viel Zeit. „ Rroter Tee mit Butterrbrrot, Lachs mit Meerrrettich, dazu Gurrkensalat, bitte schön, derr Cherrr!“ Sie wusste, dass er das Rollen des Rs in ihrer Muttersprache überaus liebte und übertrieb es manchmal ein wenig. Rudi lachte und sagte „Elena, ich glaube, Sie wählen mein Essen nach der Anzahl der Rs in den Wörtern aus. Wenn ich mal sterbe, dann an einer Vitamin-R-Vergiftung.“ „ Ach, Cherrr Korrralle, müssen gutt essen, dann nie werrden sterrben!“ Rudi lächelte fröhlich. „Unter Ihrer Obhut, Elena, ist alles möglich. Und unter Ihrer natürlich auch, Delphine! Ich würde heute Abend gerne diese Show anschauen, von der alle sprechen. Wie heißt die noch?“ „Zauber des Alters“, antwortete Delphine. „Ich mag sie nicht, die ist so zynisch. Gerrit, ihr Lieblingspfleger“ flötete sie mit ironischem Unterton, „nennt die Show `Rollator-Ralley’. Auf Arte kommt ‚Die Alpen von oben’ und auf dem Zweiten eine Doku über den Krieg in Russland.“ „Ach, der Krieg…“. Rudi wusste, dass sie wusste, dass ihn die Kriegserlebnisse immer noch belasteten, wie so viele seiner Generation. Die blutigen Schlachten im Baltikum, in Ostpreussen und Berlin, die Gräuel und das Elend der Sterbenden hatten tiefe Wunden in seine Seele gerissen, die nie endgültig verheilt waren. Zum Glück konnte er, im Gegensatz zu vielen anderen, über das Erlebte sprechen. Er hatte wirklich großes Glück. „Heute Abend will ich vom Krieg nichts wissen“, bestimmte er. „Heute gucken wir die Show!“
4. Kapitel
Was bisher geschah….
Nicht viel, das muss man gestehen – in 3 Kapiteln schläft Rudi Koralle ein, träumt von einem Delfin und wacht wieder auf, während Markus Jürgens, der schönste und beliebteste Showmaster dieser Tage, sich auf seinen großen Auftritt vorbereitet, unterstützt von seinem Tourmanager Bernd Stein, dem eine für den weiteren Verlauf der Geschichte bedeutende, aber nicht vorhersehbare Rolle zukommt.
Die Grugahalle war seit sechs Monaten restlos ausverkauft, 10371 Karten waren an leidenschaftliche Fans verkauft worden, und alle waren gekommen, kein Platz war leer geblieben. Rentner mit ihren Enkeln beherrschten das Bild, dazwischen ein bunter Potpourri aus Betriebsausflüglern, Damenclubs und Herrenrunden. Alkohol war schon vor Beginn der Veranstaltung sowie während der zwei bisherigen Werbepausen ausgeschenkt und reichlich genossen worden, die Stimmung im Saal köchelte ihrem Siedepunkt entgegen. Die ‚Bone Collectors‘ hatten den Abend mit der berühmten Erkennungsfanfare eröffnet, erstklassig untermalt mit einer phänomenalen Lightshow, die wie immer alles bisher gesehene in den Schatten stellte. Während die Akkorde in Wellen anrollten und sich zum Donner erhoben, zitterte ein Stakkatogewitter aus roten und violetten Blitzen durch die Halle. Ein älterer Herr, zum Glück in einer hinteren Reihe, erlitt einen epileptischen Anfall, überstand diesen jedoch, obwohl zwischen Stuhlreihen eingeklemmt, ohne ernsthafte Verletzungen und lies sich nach Abklingen des Krampfes nicht davon abbringen, der Show weiterhin beizuwohnen. Zwischenzeitlich war die Musik zu einem gewaltigen Crescendo angeschwollen, das Publikum hatte an genau der richtigen Stelle angefangen, mit den Füßen ein stampfendes Grollen anzustimmen, das den Saal zum Beben brachte, bis ein gewaltiger Paukenschlag ertönte und er, Markus Jürgens, umgeben von weißen Lichtblitzen und einem Schauer aus goldenem Konfetti, die riesige, sanft geschwungene Rampe betreten und sein breitestes Showmasterlächeln zum Besten gegeben hatte, dabei die Arme ausbreitend, zur linken Seite des Saals winkend, einen imaginären guten Freund in der 33. Reihe grüßend und sich gestenreich bei der Kapelle bedankend, deren letzter Tusch gerade verklungen war. „Guten Abend! Guten Abend, verehrtes Publikum! Wie schön, Sie heute bei ‚Zauber des Alters‘ begrüßen zu dürfen“. Er wusste: nach dieser Ouvertüre konnte nichts mehr schief gehen, der Abend würde ein Selbstläufer werden. Seine Show stellte selbst ‚Wollen wir wetten‘ mit Andreas Gottnarr in den allertiefsten Schatten, in den Kohlenkeller des Showbizz.
Bernd Stein beobachtete aus dem Seiten-Off den glamourösen Auftritt seines Chefs. Alles klappte vorzüglich, und wer hatte das mal wieder auf die Beine gestellt? Zufrieden schaute er zu, wie Markus Jürgens unter tosendem Applaus die Rampe hinunter schritt, jede Bewegung wohl dosiert und berechnet, ein Bild, als würde ein griechischer Gott der Akropolis und den jubelnden Massen in Athen seinen Besuch abstatten. ‚Beim nächsten mal nehmen wir einen goldenen Streitwagen mit vier weißen Pferden…‘, schoß ihm durch den Kopf, ‚…und Vestalinnen in durchsichtiger Seide, so ein Hauch von Nichts, dass Opa noch einmal so richtig in Fahrt kommt. Am besten, eine Brust frei. Oder beide? Nee, eine, das sieht griechischer aus. Wer weiß schon, das Vestalinnen zu Rom gehören.’Seine linke Hand spielte in der Hosentasche mit dem Zettel. Er schaute kurz darauf, las die Telefonnummer. ‚0521, Bielefeld…darauf reimt sich Arsch der Welt‘, dachte er. ‚Wie kann man sich nur in Bielefeld verkriechen?‘ Unwillkürlich dachte er an ein sterbendes Reh, das sich in den hintersten Winkel des Waldes zurück zog. „Bielefeld, nicht zu fassen“, knurrte er, während er zuschaute, wie Markus Jürgens seinen ersten Stargast empfing. Cheap war extra aus Amerika eingeflogen, um dem deutschen Publikum ihre Gunst zu erweisen und sich ein letztes mal auf ihren Lorbeeren aus den 60er Jahren zu wälzen. ‚Mein Gott, was für eine Botoxfresse“, dachte Bernd. Einige Teile von Cheap sollten angeblich schon das würdige Alter von 82 erreicht haben. Er würde eher auf 87 tippen. Er hörte nicht auf den zittrigen Gesang der Diva. Er freute sich auf Ina Meyer. Die war wirklich gut, die hatte nur Pech gehabt. Niemand wusste so recht, woran ihre Karriere gescheitert war. Gerüchte kursierten, und alle Welt wusste, dass sie gebrochen war bei ihrem tiefen Sturz. Sie trank und galt als unberechenbar. ‚Darauf reimt sich bipolar, wer weiss…‘, dachte Bernd. Er riss sich aus seinen Grübeleien und ging in’s Studio. Er überprüfte die Verbindung seines Smartphones zur Kommunikationszentrale und tippte die Nummer von Rudi Koralle. Das Freizeichen sang in seinem Ohr.
5. Kapitel
Rudi hatte sich im Bett aufgerichtet und es sich am Kopfende bequem gemacht. Delphine lachte, als sie das Zimmer betrat und ihn so sitzen sah. „Ich mach es ihnen bequemer, Herr Koralle. Wenn ich sie so sitzen lasse, falle ich durch die Praktische Prüfung!“ Während sie seinen Rücken mit großen Kissen, die auf dem Besuchersofa bereit lagen, polsterte, fiel ihm ein, dass sie ja noch Schülerin war, Altenpflegeschülerin, genau genommen. 19 Jahre war sie alt, hatte das ganze Leben noch vor sich und pflegte ihn, einen 92jährigen Greis, tatterig, faltig, grauhaarig. Wahrscheinlich roch er auch schon komisch, aber er hatte nie erlebt, dass sie ihn respektlos behandelte. Sie sagte weder ‚Opa’ zu ihm noch duzte sie ihn. Ob sie ihm das Essen brachte oder seine Medikamente, ob sie sein Bett aufschüttelte oder ihm etwas vorlas, es geschah immer respektvoll, und sie würde ihm auch respektvoll den Hintern abwischen, wenn er dazu nicht noch selber in der Lage wäre.
Elenas laute Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Cherr Korrralle, wollen kucken Show? Hat gerrade angefangen in Ferrnsehsaal!“ „Ach, danke, Elena, lieb von Ihnen. Ich würde lieber hier in meinem Zimmer fernsehen. Delphine, wären sie so nett…?“ Sie reichte ihm die Fernbedienung. Er zappte fix durch seine Lieblingskanäle, Wetter nach der Tagesschau im Ersten, irgendeine Politiker-Laberrunde im Zweiten, rollende Panzer in Schwarzweiß im Dokukanal, Werbung, Werbung, scheiß Werbung, ah, die Show!
Ina Meyers Auftritt verlief glänzend. Markus Jürgens wusste nicht recht, ob ihn das freuen oder ärgern sollte, schließlich erwarteten seine Fans, dass zumindest ein Teil der Show in nicht vorhergesehenen Bahnen verlief und seine Gäste sich bis auf die Knochen blamierten. Schließlich wollte man am folgenden Tag in der Schule, auf der Arbeit und sonstwo mitreden können und sich gegenseitig beim Parodieren der Peinlichkeiten überbieten.
Ina Meyer tat ihnen diesen Gefallen nicht. Sie war nüchtern, überraschend dezent geschminkt, wohllaunig und sehr gut bei Stimme. Hatte sie eine ihrer zahlreichen Therapien doch noch erfolgreich abgeschlossen? Oder stimmten die Gerüchte, der plötzliche Herztod eines gewissen Fernsehmachers in hoher Position habe etwas mit ihrem Wandel zu tun?
„ Die war gut, erstklassig“, meinte Rudi anerkennend, als die strahlende Ina die Bühne verlassen hatte, zu Delphine, die sich auf seine Bitte hin auf dem Sofa niedergelassen hatte, obwohl eigentlich noch Pflichten auf sie warteten. „Die Show gefällt mir!“ „Hm, warten wir’s ab“, murmelte Delphine. „ Ich hab’ die schon öfter geseh’n, da kommt bestimmt noch was.. .“
Markus Jürgens überbrückte den Übergang zum nächsten Werbeblock leidlich. Die Meyer hatte ihm die Show gestohlen! Er hatte seinen perfiden Humor nicht ausspielen können und drohte, auf das Normalniveau der langweiligen Kollegenbande zu sinken. Er trank einen Schluck Wasser. Als nächstes kämen Bläcky und Roy, jetzt würde er die Sau rauslassen, die wären ja quasi wehrlos.
Rudi traute seinen Augen nicht. Der von Roy im Rollstuhl auf die Bühne gefahrene Bläcky war offensichtlich sediert und starrte, stocksteif sitzend, mit offenem Mund in die Leere des Publikums, welches die beiden ehemaligen Berühmtheiten mit artigem Applaus begrüßt hatte. „Die haben ihn sogar fixiert, damit er nicht aus dem Stuhl fällt“, flüsterte er, „die Schweine“. Delphine nickte traurig und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Die Leute haben sogar Spaß daran“, bemerkte Rudi fassungslos und konnte seinen Blick nicht abwenden, als Roy schließlich mit gebrochener Stimme einen ihrer bekannten Schlager zum Besten gab, während Bläcky vergeblich bemüht war, mit seinen kraftlosen Händen dazu den Takt zu schlagen, mit leerem Blick und maskenhaftem Gesicht. Die anschließende Zaubernummer geriet vollends zum Desaster, weil Roy die bunten Bänder im Zeitlupentempo und für jeden sichtbar aus dem Ärmel fischte, obwohl sie doch eigentlich wie aus dem Nichts aus einem Zylinder, mit dem er unbeholfen hantierte, hätten erscheinen sollen.
„Warum lassen die sich so verarschen“, fragte Rudi entsetzt. „Ich nehme an, sie brauchen das Geld, Wahrscheinlich sind sie einfach nur arm. Früher reich und berühmt, heute arm“, entgegnete Delphine. Rudi nickte. „Was kommt als nächstes?“
Markus Jürgens beantwortete seine Frage prompt. Bläcky und Roy hatten unter höflichem Applaus die Bühne verlassen, Markus ließ sich in Blitzgewittern feiern und kündigte den Top-Act des Abends an.
„Verehrtes Publikum, meine Damen, meine Herren, liebe Kinder, während Bläcky und Roy sich von den Anstrengungen des Abends erholen…“ Gelächter hob im Saal an…“stellt mein Assistent Bernd Stein, Applaus für Bernd Stein, die telefonische Verbindung zu unserem Star vergangener Tage her.“ Höflicher Applaus ergoß sich über den kurz auf den Monitoren aufflimmernden Tourmanager, der offensichtlich mit irgendwelchen Kommunikationsgeräten hantierte, während er völlig überflüssigerweise, nur für die Show, einen Kopfhörer trug. „Bernd Stein, wir rufen Bernd Stein! Bernd, wie sieht’s aus?“ Eine Stimme wie vom Mond antwortete:“Wir arbeiten daran. Verbindung steht in wenigen Sekunden…!“
„Fein, dann gedulden wir uns noch ein wenig“, leierte Markus Jürgens. „Wir sehen uns wieder nach der Werbung.“
Rudi griff zur Fernbedienung. „Ich bin’s leid, das ist ja ekelhaft.“ Nie hatte er in seiner Show die Gäste der Lächerlichkeit preis gegeben. Er war hartnäckig gewesen, hatte gebohrt und spitze Fragen gestellt, aber nie hatte er jemanden entblößt. Seine Finger zappten wahllos durch die Programme, bis ihm das Gerät entglitt und es auf den Boden fiel. Auf dem Bildschirm erschien ein Soldat mit einer roten Fahne. Er kannte diese Szene, jeder kannte sie, in der ein Rotarmist die Fahne der Sowjetunion auf dem zerbombten Reichstag hisste. In diesem Moment klingelte das Telefon.
Rudi schaute irritiert um sich, weil er das Geräusch seit Jahren nicht gehört hatte und es nicht zuordnen konnte. Delphine lachte. „Das Telefon! Das Telefon klingelt, Herr Koralle!“ Rudi starrte den Apparat verblüfft an. Wer könnte ihn anrufen wollen? Familie hatte er keine, seine Freunde waren alle tot. Er zögerte, während das Schrillen die Stille zerriss. „Wollen Sie nicht rangehen, Herr Koralle?“ Langsam streckte er den Arm aus, nahm den Hörer, verharrte einen Moment, holte tief Luft und sprach: “Hier Koralle. Wer spricht dort?“
„ Schönen guten Abend, Herr Koralle. Hier Stein, Bernd Stein! Wir freuen uns, Sie als Gast in unserer berühmten Show ‚Zauber des Alters’ begrüßen zu dürfen.“
6. Kapitel
Rudi saß regungslos aufrecht im Bett und starrte mit offenem Mund am Fernseher und den Rotarmisten vorbei an die Wand. „ Herr Koralle? Herr Koralle, alles in Ordnung?“ Delphine stand besorgt auf und ging zu seinem Bett. Er schaute abwesend zu ihr, plötzlich blitzte ein Lächeln über sein Gesicht. Rudi deutete ihr mit erhobenem Zeigefinger vor den gespitzen Lippen an, sie möge sich still verhalten und zeigte anschließend auf die auf dem Teppichboden liegende Fernbedienung. Sie verstand, bückte sich und reichte sie ihm mit fragendem Gesichtsausdruck. Er dankte ihr mit einem stummen Nicken, tippte mit der freien Hand auf der Tastatur herum, bis auf dem Bildschirm Markus Jürgens erschien, der gerade mit blendendweißem Strahlen und einer schwungvollen Armbewegung die ‚Bone collectors’ einzelnd vorstellte, während sie Lounge-music der seichteren Art zum Besten gaben. Rudi reduzierte die Lautstärke und wandte sich wieder dem Anrufer zu. „Bitte, wer spricht da?“ Er brüllte in den Hörer, dass Delphine erschrocken zusammenzuckte. „Stein. Bern Stein“, brüllte dieser zurück. „Sie sind in der Show!“ „Waaas?“ „In der Shohow!“ „Welche Show? Ich…ich kann Sie so schlecht verstehen! Sprechen Sie doch lauter!“ Bernd Stein holte tief Luft. Ganz ruhig bleiben, dachte er, ganz ruhig. Er sprach mit kräftiger und überakzentuierter Stimme: „Herr Koralle, Sie sind im Fernsehen, in der der Show ‚Zauber des Alters’. Herzlichen Glückwunsch!“ „Ich bin in meinem Zimmer,“ antwortete Rudi. Bernd Stein rollte mit den Augen. „Ja, Sie sind in Ihrem Zimmer. Aber Sie sind auch in der Show! Idiot!“Letzteres fügte er leise hinzu, nicht ahnend, dass Rudi ein erstklassiges Hörgerät trug. Dieser grinste leise, wandte sich Delphine zu, die aufgrund des Gebrülls jedes Wort hatte verstehen können, und mit offenenem Mund Bauklötze staunte, und zwinkerte ihr schelmisch zu. „Und wer sind Sie? Bernd Stein? Kennichnich! Sind Sie in der Show? Ich bin in meinem Zimmer. Ich gucke gerade die Show und kann Sie gar nicht sehen! Sind Sie ein Betrüger? Ich rufe die Polizei. Polizei!“ In Rudis Augen blitzten Tränen, er konnte sein Lachen nur mit Mühe zurück halten. Delphine hatte sein Schauspiel mittlerweile durchschaut und genoss die Aufführung höchst amüsiert.
Bernd Stein wünschte sich nichts sehnlicher, als dieses Gespräch schnellstmöglich zu beenden. Er war Profi und hatte ein gutes Gespür dafür, wenn etwas glatt lief. Dieses Gespräch lief nicht glatt, etwas warnte ihn. Er bekam keine Gelegenheit, dieser Empfindung nachzugehen, die Stimme von Markus Jürgens schreckte ihn auf. „Bernd Stein, wir rufen Bernd Stein! Bernd Stein, bitte kommen!“ Er schaute auf den Bildschirm und sah: die Zeit drängte. Das strahlende Lächeln seines Chefs konnte vielleicht das Publikum täuschen, jedoch nicht ihn. Markus Jürgens wurde ungeduldig, zweifelsohne! Lange würde er die Leute nicht mehr mit seinem launigen Geplänkel hinhalten können, es wurde Zeit, die Verbindung herzustellen. „Herr Koralle“, brüllte er in sein Handy, „Ich verbinde Sie nun mit Markus Jürgens, viel Vergnügen in der Show“, und über die Nebenleitung in’s Headset seines Chefs:“Verbindung steht. 3-2-1-jetzt!“ Er schaltete um und sank mit einem erleichterten Seufzer in die Stuhllehne.
Markus Jürgens holte tief Luft, die Kapelle spielte einen spannungsgeladenen Wirbel, das Licht in der Gruga-Halle wurde gedämpft, während Lichtkleckse über die Wände und über die Gesichter des Publikums huschten. Die Zeit schien für einen Moment still zu stehen. „Und nun“, hob Markus Jürgens an, „begrüßen wir…..“ Die Musik schwoll etwas an, die Lichter zuckten etwas hektischer, die Spannung stieg, das Publikum folgte gebannt jeder seiner Lippenbewegungen. “…unseren Star vergangener Tage, aus der Zeit, als das Fernsehen laufen lernte, als die Straßen wie leergefegt waren, wenn er durch die Sendung führte. Wir begrüßen…..Rudi Koralle! Applaus für Rudi Koralle!“
Das Publikum tobte wie befohlen. Die jüngeren hatten noch nie von ihm gehört, die Senioren im Saal kannten ihn jedoch aus Kindertagen, und während auf der Großbildleinwand Szenen aus Rudi Koralles künstlerischem Schaffen aufflammten, Koralle im Gespäch mit Bewunderern, Koralle in seinem berühmten Tanzfilm, Koralle als glänzender Showstar, Koralle auf der Bühne und in seinem Sportcabrio, Koralle in Nizza und in Rom, kamen die Erinnerungen. Dass der noch lebt, wär hätte das gedacht! Und als würde Markus Jürgens die Gedanken seines Publikums erraten, was er natürlich tatsächlich auch tat, und was ja auch nicht wirklich schwierig war, rief er in das allgemeine Raunen und Staunen:“Ja, den gibt’s noch! Guten Abend, Herr Koralle! Herr Koralle, wie geht es Ihnen?“
Delphine klappte der Kiefer runter. Erst jetzt begriff sie die tatsächlichen Zusammenhänge. Hatte sie gerade noch gebannt auf den Bildschirm geschaut, wandte sich ihr Blick mit allergrößtem Erstaunen Rudi zu, wie er mit dem altertümlichen Hörer in der Hand aufrecht im Bett saß und von einem Ohr bis zum anderen Ohr grinste. „Och, mir geht’s ganz gut“, sprach er langsam mit hohler Stimme, die aus der Unterwelt des Hades empor zu dringen schien, das laute Sprechen fiel ihm doch etwas schwer, „wenn nur nicht immer diese Blähungen wären.“ Delphine presste sich das Sofakissen vor das Gesicht, um nicht losprusten zu müssen. Das gibt’s nicht, dachte sie, er verarscht die im Fernsehen. Und diese Stimme! Erst laut, dann wie aus der Gruft, mein Gott, was kommt da noch?
Markus Jürgens riss sie aus ihren Gedanken. „Jaja, wir sind alle nicht mehr die jüngsten, der eine mehr, der andere weniger, hahaha“, plapperte er, während das Publikum artig über seinen Kalauer lachte. „Herr Koralle, Sie wissen, warum wir Sie anrufen. Wir wollen Ihnen ein Geheimnis entreißen – das Geheimnis Ihres Lebens. Jeder von uns hat ein Geheimnis. Herr Koralle, verraten Sie uns ihr Geheimnis!“ Zum Publikum gewandt, fügte er hinzu: „Wird Rudi Koralle uns sein Geheimnis verraten? Was hält er vor uns geheim?“Während die Musik und die Lichtshow im Saal die Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Spannungsbogens übernahmen, versank Rudi in Schweigen. Hatte er ein Geheimnis? Nicht, dass er wüßte…keine Eskapaden, keine Drogen, keine fünf geschiedenen Ehen. Er hatte nie geheiratet, war äußerst erfolgreich und wohlhabend und hatte sich rechtzeitig zur Ruhe gesetzt und dem Rummel abgeschworen. Er dachte an sein Leben in ‚Himmelspforten’, er dachte an Elena und Delphine, an den blöden Gerrit, er dachte an Bläcky und Roy, er dachte an den Krieg…Schreie, Lärm, Rückzug aus Ostpreussen, das brennende Königsberg…er schaute zu Delphine, die ihn unverwandt anschaute. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Sein Sprachmodus schaltete um auf allertiefste Gruft. „Mein Geheimnis…“, röchelte er. „…Sie wollen mein Geheimnis wissen…ich werde Ihnen mein Geheimnis verraten.“
7. und letztes Kapitel
In der Grugahalle herrschte eine Stille, die man nicht erwarten würde, wenn 10371 Menschen zuzüglich eines Showmasters vom Format Markus Jürgens’ anwesend sind. Man hätte sie Totenstille nennen können und eine Stecknadel hinter der allerletzten Reihe fallen hören können, wenn nicht deutlich das gleichmäßige, leicht röchelnde Atmen eines alten Mannes aus den Lautsprechern zu vernehmen gewesen wäre. Kein Stuhl knarrte, kein Hüsteln erklang, niemand wagte zu flüstern. Rudi Koralle lies sich Zeit. Seine Konterfeis huschten stumm über die Großbildleinwand, wie er im Fernseher beobachten konnte. Er schaute zur Tür. Elena und die gesamte Nachtschicht des Hauses ‚Himmelspforten’ sowie die meisten gehtüchtigen Bewohner drängten sich dort und auf dem Flur. Stummes Staunen hatte sie erfasst. Rudi überlegte. Er hatte ein Geheimnis versprochen, er würde ihnen eines bieten. Nur welches? „Hmm…“ Er zählte still und langsam von 10 abwärts, er würde sie zappeln lassen, gutes Timing war alles. Er würde ihnen das Blaue vom Himmel lügen. Die Zeit schien still zu stehen, in seinem Zimmer, in der Gruga-Halle, vor Millionen Bildschirmen im ganzen Land. Die Nation hielt den Atem an.
Als Rudi bei 5 ankam, wußte er, welche Geschichte er ihnen auftischen würde, und als er bei 2 ankam, hielt Markus Jürgens es nicht mehr aus. „Herr Koralle“, stieß er hervor und verlor zum ersten mal in seiner Show die Kontrolle. „Das Geheimnis! Wie lautet das Geheimnis?“ Schweiß glänzte auf seiner Stirn, ein unverzeihlicher Fauxpas. Rudi beobachtete es mit Genugtuung. ‚Showdown’, dachte er, ‚dick auftragen, fett nachlegen, auf die Kacke hauen, dann glauben sie dir alles.’ „Es war damals“, röchelte es tief aus seiner Brust, „April 45“. Hoffentlich würde er diese Stimmlage bis zum Ende seiner Darbietung durchhalten. „Ja…es muss April gewesen sein. 11 Lastwagen voll…kaum Sprit…nur nachts gefahren, wegen der Tiefflieger…ach, schrecklich…“ Er überlegte, wog Details ab, sortierte Reihenfolgen, nuancierte Stimmungen. Was für ein Spaß! „…erreichten Bielefeld im Morgengrauen. Alles ging gut…alles.“ „Was ging gut, Herr Koralle“, entfuhr es Markus Jürgens, der nicht mehr an sich halten konnte und sich den Schweiß von der Stirn wischte. „ Wir haben alles versteckt, gut versteckt, den ganzen Schatz…11 Lastwagen.“ „Einen Schatz? Mein Gott, Herr Koralle, um was für einen Schatz handelte es sich denn? Herr Koralle hat einen Schatz vergraben, hahaha, vielleicht eine Kiste mit Goldstücken?“ „Keine Goldstücke.“ Er sah im Gesicht des Showmasters Zweifel an dessen eigenen Zweifel, und er sah in den Gesichtern des Publikums, dass er die Leute schon fast überzeugt hatte. Jetzt hieß es, auf’s Ganze zu gehen. „Keine Goldstücke“, wiederholte er, „Goldstücke…lächerlich“. Er holte tief röchelnd Luft.
„11 Lastwagen…es ist…es handelt sich…es handelt sich um das…das Bernstein-Zimmer.“
Den Anwesenden in Rudis Zimmer gefror für einen Moment vor Überraschung die Mimik, dann presste jeder die eigenen Hände oder irgendwelche schnell erreichbaren Kissen, Decken oder Vorhänge vors Gesicht, um nicht lautschreiend losprusten zu müssen. Delphine vollführte ein Tänzchen und war kurz davor, sich einzunässen. Nur Gerrit stand still, verstand nicht und starrte konsterniert auf den alten Mann, der wildfuchtelnd versuchte, die Rasselbande zu beruhigen, um sich dann wieder dem Bildschirm zuzuwenden.
In der Gruga-Halle hatte ein rasch anschwellendes Gemurmel angehoben, gegen das Markus Jürgens nur aufgrund seiner kräftigen Stimme und unter Einsatz der allermodernsten zur Verfügung stehendenVerstärkertechnik ankam. Bernd Stein, der gerade auf dem Parkplatz eine geraucht hatte, kam rechtzeitig zurück in’s Studio, um den Tumult zu bemerken und die Stimme seines Chefs einige Dezibel höher zu regeln. Dieser erlangte mit der gesteigerten Stimmeskraft auch endlich seine Fassung zurück und rief. „Herr Koralle, das Bernsteinzimmer? Meinen Sie DAS Bernsteinzimmer?“ „DAS Bernsteinzimmer“, echote Rudi, und nach einer Pause „…befindet sich in Bielefeld.“ Millionen Wohnzimmergespräche verstummten, Millionen Fernsehgeräte wurden lauter gestellt, Millionen Oberkörper, welche gerade noch schlaff in Sesseln gehangen hatten, wurden vorgebeugt, um auch wirklich die allerfeinste Nuance dieser unglaublichen Mitteilung zu erfahren. Das Bernsteinzimmer…jeder hatte davon gehört, seit Jahrzehnten verschollen in den Wirren des Krieges, gestohlen, verbrannt? Niemand wusste nichts genaues, Theorien wurden gehandelt, viele suchten es in alten Stollen, in Bunkern, alles vergeblich, es blieb unauffindbar. Und nun erzählte dieser alte Mann, es sei in Bielefeld verborgen.
„Herr Koralle, das ist ja ein ungeheures Geheimnis, das sie da preisgeben!“ Markus Jürgens mußte fast brüllen, um gegen das aufgeregte Geschnatter im Saal anzukommen. „Woher wissen Sie denn, dass sich das Bernsteinzimmer in Bielefeld befindet?“ „Ich hab’s doch selber hingebracht!“ „Und…ja, das ist ja unglaublich, Herr Koralle…und wo in Bielefeld befindet das Bernsteinzimmer?“, und zum Publikum im Saal gewandt: „Meinen Damen und Herren, wir stehen vor einer sensationellen Entdeckung, der größte Schatz der Zaren ist offensichtlich gefunden worden!“ Diese Erläuterung war überflüssig, weil alle im Saal begriffen hatten, worum es ging, aber sie gab ihm das Gefühl zurück, das Heft wieder in der Hand zu halten. Mit so gesteigertem Selbstvertrauen fuhr er fort. „Herr Koralle, nun müssen Sie uns aber auch sagen, wo in Bielefeld sich das Bernsteinzimmer befindet!“ Schweigen in der Leitung.
„Herr Koralle…wo…ist…das…Bernsteinzimmer!“ Schweigen. „Herr Koralle!“ „Ich…“ „Ja?“ „Ich…ich will’s nicht sagen.“ Rudi merkte, wie ihm die Stimme aus der Gruft mehr und mehr Schwierigkeiten machte, er brauchte eine Pause. Er achtete nicht auf den Tumult, der sich auf dem Bildschirm abspielte und dessen Kontrolle dem Showmaster zu entgleiten drohte. Er winkte Gerrit zu sich heran. „Gerrit, ich weiß, Sie sind ein Arschloch, aber ich sag’s niemanden, weil ich jetzt Ihre Hilfe brauche! Helfen Sie mir?“ Gerrit nickte übereifrig und hörte gar nicht damit auf, bis Rudi ihm die Hand auf die Schulter legte. „Sie machen doch dieses komische Spiel, diese Schnitzeljagd mit Handy.“ „Actionbound!“ „Und dafür benutzen sie dies GMS, oder wie das heißt” „GPS!” „Ja, genau! GPS! Ich will, dass Sie mir die genauen Koordinaten von der Alten Molkerei geben.“ „Die da oben am Waldrand?“ „Ja, wieviel alte Molkereien haben wir denn, verdammt noch mal“, zischte Rudi, „die Koordinaten!“ „ Aber die steht doch leer, die alte Bruchbude.“ „Gerrit!“ Rudi schäumte, „Die Koordinaten! JETZT!“ Gerrit zuckte mit den Schultern und zückte sein Smartphone. Während er in seiner Actionbound-App die Karte von Ostwestfalen aufrief und Bielefeld anvisierte, drang Markus Jürgens aufgeregte Stimme an Rudis Ohr. „Herr Koralle, sind Sie noch dran? Herr Koralle, hallo?“ Rudi hüstelte laut und vernehmlich. „Verzeihen sie…die Schwester hat gerade meinen Urinbeutel ausgetauscht. Heute gab’s Spargel. Konnte man noch riechen. Mögen Sie auch Spargel?“ Die Heiterkeit in Rudis Zimmer nahm Ausmaße an, dass einige der Anwesenden fluchtartig den Raum verließen und draußen auf dem Flur in brüllendes Gelächter ausbrachen. Frau Stoffel-Baumgaertner, die langjährige Leiterin des Hauses ‚Himmelspforten`, von strenger, aber gerechter Art, vernahm auf ihrem abendlichen Rundgang durchs Haus diese Äußerungen ungehemmter Freude und befand sie für befremdlich und der weiteren Nachforschung würdig.
„Ja, Spargel mag ich auch gerne, Herr Koralle. Doch nun zum Schatz…wo ist das Bernsteinzimmer?“ „Sag ich nicht.“ „Doch, Herr Koralle, sie haben’s versprochen. Wollen Sie all diese lieben Menschen enttäuschen,“ rief er und zeigte mit einer weiten Bewegung seines Armes in die Runde. Rudi schaute zu Gerrit, der nickte. „Also gut“, sprach Rudi gedehnt, „wenn Sie meinen…aber ich sag’s nur Ihnen!“
Die Unruhe im Saal stieg sprunghaft an, das ging ja wohl gar nicht! Man bezahlte schließlich Eintritt, da konnte der alte Knacker doch nicht so mit seinem kleinen Geheimnis geizen! Markus Jürgens reagierte geschickt. „Ok, Herr Koralle! Sie erzählen nur mir, wo das Bernsteinzimmer versteckt ist“, und zum Publikum im Saal laut flüsternd:“…und Ihnen, wertes Publikum, verrate ich es hinterher!“ Die Leute waren augenblicklich beruhigt, und niemand kam auf die Idee, dass der alte Mann ja jedes Wort auf dem Bildschirm in seinem Zimmer mitverfolgen konnte. „Herr Jürgens“, tönte Rudi mit Grabesstimme, „ich bin alt, aber nicht doof. Sie müssen natürlich die Saalübertragung ausstellen! Und wenn jedermann weiß, wo sich das Bernsteinzimmer befindet…sie wissen, was dann geschehen wird!“ Der Showmaster erbleichte und lächelte nervös. „Ja, selbstverständlich, Herr Koralle, die Saalübertragung…“, und zur Technik: „Saalübertragung aus!“ Die Stimmung in der Gruga-Halle sank augenblicklich auf den Punkt des GMST, des GrößtMöglichenStimmungsTiefs, und kippte um in Richtung anschwellender Volkszorn. Warum sollte ausgerechnet dieser Lackaffe als einziger das Versteck des Schatzes erfahren! Erste Plastkbecher flogen und Buhrufe erschollen. Markus Jürgens war nicht bereit, jetzt klein beizugeben, das war die Show des Jahres, die Mutter aller Shows. Er zückte einen Stift und einen Zettel und rief. „Herr Koralle, schießen Sie los:“ Geschickt wich er mehreren halbvollen Bechern aus, während er konzentriert die Koordinaten nieder schrieb, die Rudi ihm von Gerrits Handy diktierte. Schließlich erhob er die rechte Hand sowie seine Stimme und zeigte dem Volk den kleinen vollgekritzelten Zettel. „Verehrtes Publikum! Ich kann Ihre Emotionen sehr, sehr gut verstehen. Darum werde ich Ihnen nun die Koordinaten des Verstecks vorlesen!“ Der Zorn der Massen verrauchte augenblicklich, Smartphones, Zettel und Stifte wurden im Saal und in den Wohnzimmern gezückt, um wie auch immer die große Verkündigung aufzuzeichnen. „So ein Drecksack“, protestierte Delphine, „er hatte doch versprochen…“ „Ganz ruhig“, entgegnete Rudi, „warten wir’s ab.“
Und er behielt recht. Markus Jürgens dichtete sich Koordinaten zusammen, die vielleicht innerhalb des inneren Sonnensystems bis zum Asteroidengürtel zu finden waren, aber ganz gewiß nicht in Bielefeld. Die Nation schrieb fleißig mit, bis der größte aller Showmaster schließlich bemerkte:“Tja, mein liebes Publikum, nun wissen Sie alle Bescheid. Irgend jemand von Ihnen, dessen bin ich mir sicher, wird diese Koordinaten entschlüsseln. Vielleicht sind es aber auch nur die wirren Erinnerungen eines senilen alten Mannes, ohne Bedeutung.“ Seine rechte Hand umklammerte fest den Zettel mit seinem Gekritzel. ‚Wie unsagbar dämlich die Leute sind, einfach unfaßbar’, dachte er, während die ‚Bone Collectors’ die Schlußmelodie anstimmten.
Rudi und seine Gäste ertrugen das Ende der Show und die geheuchelten guten Wünschen von Markus Jürgens. Er war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Er hatte heute einen großen Auftritt gehabt, zweifelsohne. Vermutlich sein letzter, dachte er, nur vor kleinem Publikum, aber mit größerer Wirkung als jeder seiner Auftritte zu seinen Glanzzeiten. Nun hieß es abwarten.
Aus dem dicht gedrängten Haufen im Eingang zu seinem Zimmer löste sich eine zierliche Frauengestalt. „Was bitte geht hier vor sich? Ist Ihre Schicht schon beendet?“ Frau Stoffel-Baumgaertner hatte es nicht nötig, laut zu werden, sie wurde uneingeschränkt respektiert, die Gruppe zerstreute sich in Windeseile.
„Ah, guten Abend, Frau Stoffel-Baumgaertner! Wie schön, dass sie mich besuchen. Ich glaube, wir müssen miteinander reden.“ „Ja, Herr Koralle, ich glaube das auch“, entgegnete sie, die die letzten Minuten der Show im Eingang stehend verfolgt hatte. „Wir müssen dringend miteinander reden.“
Epilog
„ Sie sind mal wieder in der Zeitung, Herr Koralle…naja, zumindest indirekt“, sagte Delphine und zog streng die linke Augenbraue hoch, als sie ihm die Zeitung reichte. „Wieso?“entgegnete er, „was habe ich verbrochen?“ „Sie nicht, aber alle anderen! Da!“ Sie zeigte auf die Titelzeile. ‚Einbruchzahlen in Bielefeld steigen rapide an!’ und weiter unten ‚…17 Fälle in einer Nacht! Kein Haus mehr sicher!’ Seit Wochen schien sich ganz Bielefeld nachts mit Einbruchwerkzeug auf die Socken zu machen und sich gegenseitig die Keller aufzuknacken. Die Katakomben der Sparrenburg waren aufgebrochen worden, das Stadtarchiv ebenso wie der Keller des Ringlokschuppens, nur für die verfallene Alte Molkerei hatte sich bisher noch niemand interessiet. Manche kauften sich einen Spaten und einen Metalldetektor. Sie fanden Schrauben, Hufeisen und Fliegerbomben, aber keine Kisten voller Bernstein. Andere versuchten sich als Wünschelrutengänger und blieben ähnlich erfolglos. Immerhin blieb ihnen das Ausgraben von Metallschrott erspart. Jeder interpretierte die Zahlen, die Markus Jürgens als Koordinaten verkauft hatte, auf seine Art. Sie wurden als solche, allerdings codiert, gehandelt, dann waren es wieder Kontonummern, Telefonnummern und Geburtsdaten. Sie wurden zu nachtschlafener Zeit stundenlang begrübelt und durch Decodierungsprogramme gejagt und zu guter Letzt als Lottozahlen eingesetzt, um vielleicht doch noch einen Gewinn aus all den Mühen zu ziehen.
Markus Jürgens machte sich nichts aus den Zahlen, er hatte seine eigenen. Er ließ eine Woche verstreichen, dann tippte er diese in ein GPS-Programm ein, las die ermittelte Adresse und stutzte. ‚Alte Molkerei, Haus Himmelspforten’. Mein Gott, der alte Mann saß fast auf dem Schatz, und niemand schien davon zu wissen. Er beauftragte einen Anwalt, wegen des Kaufs des Gebäudes ein Angebot zu unterbreiten, und die Hausleitung, eine gewisse Frau Stoffel-Baumgaertner, ließ mittteilen, man hänge so an dem wunderschönen alten Haus, dass ein Verkauf quasi nicht in Frage käme, und Markus Jürgens ließ antworten, es sei doch schon arg verfallen, und er würde es renovieren lassen und dann für Dreharbeiten für seine Show nutzen wollen und erhöhte sein Angebot, kurzum: nach mehreren Wochen zäher Verhandlungen wechselte die Alte Molkerei für einen zweistelligen Millionenbetrag den Besitzer. Der Handel verschaffte dem Haus ‚Himmelspforten’ das Budget einer kleineren Kreisstadt und Markus Jürgens einen riesigen Schuldenberg, um den er sich aber keine Sorgen machte. Er würde bald reiche Ernte einfahren.
Niemand durfte ihn begleiten, als er das dunkle Innere des Gebäudes betrat. Die Bauarbeiter, die das Loch in die zugemauerte Tür geschlagen hatten, zogen sich auf sein Geheiß zu ihrem Fahrzeug zurück, auf dessen Ladefläche Zement und Steine bereit lagen, um die Öffnung anschließend wieder verschließen zu können. Es dauerte eine Stunde, bis Markus Jürgens das Gebäude auf die gleiche Weise verließ, wie er es betreten hatte. Sein Anzug war verstaubt, in seinem Haar klebten Spinnweben. Sein Gesicht war starr und kalkweis wie die Milch, die hier einst verarbeitet worden war. „Zumauern“, sagte er tonlos, als er die Gruppe der Arbeiter passierte, bevor er sich in sein Auto setzte und davon fuhr.
„Und da! Lesen Sie mal da, Herr Koralle, unter ‚Reich und berühmt’. Echt Hammer, oder?“
‚Showmaster fliegt aus Sanatorium. Rechnung nicht bezahlt’, las Delphine laut vor und fügte hinzu: „Scheint pleite zu sein.“ „Ich habe gehört, er habe sich mit Immobilien verspekuliert“, antwortete Rudi. „Was gibt’s heute Mittag zu essen?“ „Klare Steinpilzbrühe, anschließend Wildlachs mit Creme aus schwarzen Trüffeln und persischem Dill, dazu gedünstete Kerbelrübe aus Cornwall, danach bretonischen Hummer, als Dessert ein feines Guavensorbet. Zu Trinken: zur Begrüßung wie immer ein Gläschen Sekt, dann wahlweise einen trockenen Silvaner oder einen sanften Riesling, beides Mosel, abschließend lecker Likörchen, wie immer“, grinste Delphin. „ Sie dürfen übrigens heute am Tisch von Frau Stoffel-Baumgaertner sitzen.“ „Fein“, antwortete Rudi. „Dann lassen Sie uns gehen. Wir wollen die Dame nicht warten lassen.“
Was für eine Story ❗
Super 🙂
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Dankeschön 🙂
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