Es ist März

Sie regt sich, leise, sieht man kaum,

erwacht aus langem kaltem Traum,

blinzelt schüchtern. Sonnenlicht

blendet, scheint warm ihr in’s Gesicht.

Die Starre weicht, schon taut das Herz.

Es ist März.

Sie streckt sich, sacht, dem Licht entgegen,

steht fröstelnd nass im Frühlingsregen.

Ängstlich tasten klamme Hände,

begreifen sie des Winters Ende.

Die Seele bebt, bald weicht der Schmerz.

Es ist März.

 

Dieses Gedicht habe ich schon einmal auf dieser Seit veröffentlicht. Es passt gerade so gut, dass ich mir erlaube, mich zu wiederholen.

Martin

Moderne Zeiten

Der Fortschritt, die Erkenntnis der Zusammenhänge der Natur und der Umwelt, die Entwicklung der persönlichen Freiheit des einzelnen schreiten voran, so sah ich die Welt in den 80ern, auch in den 90ern noch, fußend auf den Entwicklungen der Wissenschaft und der Gesellschaft in den vorausgegangenen Jahrzehnten. Die emanzipatorischen Bewegungen der 60er Jahre hatten uns, der nachfolgenden Generation, Tür und Tor für eine freiere Entfaltung geöffnet, als unsere Eltern es sich je hätten vorstellen können, zumindest in dem kleinstädtischen Milieu, in dem ich aufwuchs. Wir verweigerten den Kirchgang, so mancher sogar den Wehrdienst, wir wählten andere Parteien als unsere Eltern, tranken Schnaps und rauchten Zigaretten, mit anderen Worten: es gab andauernd Theater. Wir erzählten nicht, wohin wir gingen oder woher wir kamen und hörten Musik, die mein Vater verächtlich als ‚Negermusik‘ bezeichnete.

Ganz bestimmt waren wir oft auch wirklich dumm und nahmen eine pure Verweigerungshaltung ein, Widerstand um jeden Preis. Aber, wenn auch oft zu Unrecht: wir waren in der Lage, vorgegebenes, bewährtes, althergebrachtes, also Traditionen, in Frage zu stellen.

Mir begegnen nun immer häufiger junge Menschen, Schülerpraktikanten in der Apotheke, in der ich arbeite, die Ansichten und Weltbilder vertreten, bei denen mir die Spucke wegbleibt, so der 15jährige junge ‚Mann‘, der mir in absoluter Sicherheit verkündete, die Bibel seie selbstverständlich wörtlich zu nehmen, und die abertausenden weltweit gefundenen Belege, daß die Welt nicht in 7 Tagen erschaffen worden sei, seien natürlich Fehlinterpretationen der Wissenschaftler. Auf meine Frage, warum er sich da so sicher sei, antwortete er, es stehe so geschrieben.                                   Für ein 16jähriges Mädchen steht schon heute fest, daß sie innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft heiraten wird und daß die Rolle der Bestimmer dann von den Eltern auf die Schwiegereltern übergeht. Das Wort der Eltern sei Gesetz. Auf meine Frage, was denn passiere, wenn die Eltern  böse oder ungerecht seien, antwortete sie, das käme nicht vor, ihre Eltern seien gut zu ihr.

Meistens reagiere ich ja auf solche Einstellungen zu höflich, zu diplomatisch. Dann wünsche ich mir die Streitbarkeit, die ich meinen Eltern gegenüber an den Tag gelegt habe. Und ich habe mir fest vorgenommen, in Zukunft wie früher zu sein und keinen Stein mehr auf dem anderen zu lassen, wenn mir mal wieder jemand mit solchen Sprüchen kommt. Wahrscheinlich werde ich damit nichts ändern – aber ich werde mich besser fühlen.

 

 

Ich stelle mir vor…

Ich stelle mir vor…

…ich schließe die Augen. Es ist dunkel und still, man hört lediglich das Knistern des Universums. Ja, das Universum knistert, ist ja klar, eine Brötchentüte knistert auch, wenn sie aufgeblasen wird. Gott sitzt in seinem Sessel und bläst eine Brötchentüte auf. Und grinst sich eins – er weiss schon, was er als nächstes machen wird, aber das ist ok, Gott weiss immer alles im voraus. Seine Lungen füllen die Tüte mit göttlichem Äther bis zur äussersten Spannung, seine linke Hand umschließt die Öffnung fest, seine flache rechte Hand holt weit aus und…

…danach müssen die diensthabenden Engel die Brötchenkrümel beseitigen, aber sie sind’s zufrieden, Engel sind fast immer zufrieden, und ausserdem hätte er ja auch zum Beispiel mit der Klospülung experimentieren können, oder mit der Druckerpatrone, wie bei den vorangegangenen Universen.

Nicht zufrieden sind die Physiker. Sie haben bisher den Big Bang am Anfang des Universums vermutet und nicht an seinem Ende.